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Das Marburger Religionsgespräch. Latein. Manuskript von 2 Händen. Marburg, 1529. Das Marburger Religionsgespräch. Latein. Manuskript von 2 Händen. Marburg, 1529. Das Marburger Religionsgespräch. Latein. Manuskript von 2 Händen. Marburg, 1529.
Los 1150
Kategorie Manuskripte Autographen
Luther, Martin u.a. - Das Marburger Religionsgespräch. Protokollartiger Bericht - Latein. Handschrift auf Papier, wohl Marburg 1529.
340 x 223 mm. 11 Seiten auf 6 Bll. eines Ternios. Schrift von 2 Händen in brauner Tinte in Humanistenschrift (Hand 1: Fol. 1r - 3v, Z. 6) und Konzeptschrift (Hand 2: Fol. 3v, Z.7 - 6r). Schriftraum ca. 225 x 135 mm, zu 34-44 Zeilen (Hand 1) bzw. ca. 30,5 x 175 mm, zu 41-45 Zeilen (Hand 2). Beginnt "Dies iouis post Michaelis Marpurgum uenimus ..." bricht ab auf Fol. 6r, letzte Zeile "ista glossemata no(n) posse concedere".

(Papier gebräunt und stark wasserrandig. Die äußeren Bll. der Lage im Falz getrennt. Vor allem im Außensteg stärkere Papierdefekte durch Feuchtigkeitseinwirkung, dadurch vor allem im Text der zweiten Hand leichter bis mäßiger Textverlust. - Im Ganzen jedoch noch gut lesbar).

Sonder-Ausstellung der Dr. Eduard Langer'schen Bibliothek in Braunau i. Böhm. Veranstaltet zur Generalvers. der Gesellschaft d. Bibliophilen in Leipzig vom 4.bis 5. Juli 1914., Kat.-Nr. 8. - WA 30/III, S. 99. Vgl. F. W. Schirrmacher, Briefe und Acten zu der Geschichte des Religionsgespräches zu Marburg 1529, Gotha 1876, S. 5-17. Vgl. Joh. Wigand, De sacramentariismo, dogmata et argumenta ex quatuor patriarchis sacramentariorum ... Lpz. 1585, S. 424ff.
Das Marburger Religionsgespräch fand vom 1. bis 4. Oktober 1529 auf Einladung des Landgrafen Philipp des Großmütigen auf dem Marburger Schloss statt. Das Gespräch sollte dazu dienen, die theologischen Auseinandersetzungen zwischen dem lutherischen und reformierten Zweig der Reformation, besonders bezüglich des Abendmahlsstreits, zu schlichten, um eine gemeinsame Koalition der Protestanten gegen die Altgläubigen zu erreichen. Am Gespräch nahmen neben Martin Luther und Huldrych Zwingli auf lutherischer Seite Ph. Melanchthon, J. Jonas, A. Osiander, J. Brenz und S. Agricola teil, auf Seiten Zwinglis J. Oecolampadius, M. Bucer, J. Sturm und C. Hedio. - Während des Gesprächs gelang es Luther und Zwingli aber nicht, sich in den schon zuvor unversöhnlichen Positionen aufeinander zu zu bewegen. Als das Gespräch beendet war, forderte Landgraf Philipp die Parteien auf, wenigstens die Konsenspunkte festzuhalten (Marburger Artikel). zu einer Einigung im substanziellen Abendmahlsstreit kam es jedoch nicht.
Mit dem Marburger Gespräch von 1529 gilt die Trennung zwischen der lutherischen und der schweizerischen (reformierten) Reformation endgültig als besiegelt. Ein offizielles Protokoll des Gesprächs liegt nicht vor, da auf Luthers Wunsch hin im Gegensatz zum Vorschlag Zwinglis die Bestellung von Notaren zur Abfassung eines Protokolls unterblieb. Sogar die private Aufzeichnung der Verhandlungen durch Zuhörer wurde verboten. Dennoch hat mehr als ein Zuhörer sich während des Gesprächs Aufzeichnungen gemacht. Es gibt protokollartige Aufzeichnungen Caspar Hedios (in späterer Abschrift vorhanden). Ähnlichen Ursprungs sind die bei J. Wigand (s.o.) erstmals 1575 abgedruckten Aufzeichnungen eines anonymen Ohrenzeugen. Eine dritte Quelle, die wohl die zweite zur Grundlage hat, ist die einer Abschrift des Joh. Aurifaber aus dem Jahr 1574.
Die vorliegende Handschrift weist in den meisten Passagen wörtliche Übereinstimmungen mit der Version des Anonymus und des Aurifaber auf. In WA 20/III, S. 90 heißt es: "Über die Person dieses Berichterstatters lassen sich nur Vermutungen aufstellen. Jedenfalls ist er unter Luthers Freunden zu suchen; vielleicht hat Rörer, der ebenfalls beim Gespräch zugegen war, auch diese wichtigen Verhandlungen aufgenommen, wie so manche Predigt Luthers." Die Handschrift des Wittenberger Diakons und Reformators Georg Rörer (Deggendorf 1492-1557 Jena), der zeitweilig in Luthers Haus wohnte, ist reich überliefert. Rörer machte sich durch regelmäßiges Mitschreiben von Luthers Predigten, Vorlesungen und auch Tischreden verdient. Johann Friedrich I. beauftragte ihn offiziell mit der Dokumentation von Luthers Schaffen. Zusammen mit Cruciger redigierte er den ersten Band der Wittenberger Gesamtausgabe.
Die zweite Hand unseres Berichts vom Marburger Gespräch weist sehr starke Ähnlichkeit mit der Handschrift Georg Rörers auf. Typisch ist z.B. der konzeptartige Duktus mit vielen Abkürzungen.
Unsere Handschrift endet merkwürdigerweise mit dem oben zitierten Satz am Schluss der Seite 6r, während die Seite 6v mit dem Schluss der Gesprächsaufzeichnungen (ab: "Tum Zwinglius petiit principium ...") leer geblieben ist. In Wigands Abdruck der Version des Anonymus ist der Schluss vorhanden. Möglicherweise ist dafür ein neues, hier verlorenes Blatt begonnen worden.
Es ist beim vorliegenden Manuskript schon wegen einiger kleinerer Abweichungen zu den überlieferten Texten und nicht zuletzt wegen der konzeptartigen Handschrift des zweiten Schreibers davon auszugehen, dass es sich dabei nicht um eine Abschrift, sondern um einen während des Gesprächs oder unmittelbar danach angefertigten protokollartigen Bericht handelt. Dessen mutmaßlicher Autor im zweiten Teil ist Luthers Freund Georg Rörer.
Schätzpreis € 12.000
Zuschlag € 11.000